[Gastbeitrag] Mobbing? Sowas macht er nicht!

Nachdem sich meine letzen Beiträge um das Thema Mobbing und Selbstfindung gedreht haben und ich finde, dass dieses Thema viel zu oft nicht besprochen wird, fragte ich bei Twitter in die Runde ob den jemand gerne etwas zu dieser kleinen Reihe beitragen würde. die liebe Gina  von Sneaker 'n' Lipstick  meldete sich und teilt ihre Erfahrungen in folgenden Text. Danke ! 


Mobbing? Sowas macht er nicht!“

Ich habe sehr lange überlegt wie ich diesen Gastbeitrag hier starten möchte und so wirklich bin ich noch auf keinen grünen Zweig gekommen. Beim Thema Mobbing kannst du nicht so einfach mal anfangen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Du gehst erstmal in dich, versuchst die Erinnerungen hochzuholen ohne, dass sie dir noch mal wehtun und reflektierst dein eigenes Verhalten noch mal.

Ich möchte nicht von mir behaupten ich hätte nie jemand etwas Böses gewollt oder gesagt. Egal ob man sich in der Vergangenheit mal auf Twitter mit ein paar Youtuber-Groupies angelegt hat oder einem Kollegen unmissverständlich klargemacht hat, dass man Ihn nicht ausstehen kann. Wie es in der Bibel schon steht „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.“ 
Keiner ist vollkommen unschuldig, aber damals, als ich es noch war mit circa 8 Jahren in der dritten Klasse, war es noch das harmloseste mit Steinen beworfen zu werden. Wenn ich an die Zeit zurückdenke habe ich heute, 16 Jahre später nur noch die Erlebnisse in Erinnerung die quasi den Anfang und das Ende dieser Zeit geprägt haben.
Angefangen hat alles als Mobbi (ich nennen ihn jetzt einfach  mal so) mir auf einem Schulausflug mein neues Paar rote Stiefel kaputt gemacht hat. Ich weiß heute noch welchen Wert sie für mich hatten und wie schlimm es war, dass er mir so lange auf die Hacken getreten ist, bis sich die Sohle gelöst hat. Ab diesem Zeitpunkt war so ziemlich jeder Tag bis zum Ende der Grundschulzeit für mich die persönliche Hölle auf Erden. Es folgten zahlreich ausgerissene Haarbüschel, geklaute Stifte und Schulsachen und Worte, die viel mehr schmerzten als alles was mir körperlich zugetragen wurde.
Am allermeisten schmerzte jedoch, dass von der Klassenlehrerin verleugnet wurde was er tat. Vielleicht weil seine Mutter im Elternbeirat saß, vielleicht. Es war jedoch kein Geheimnis, dass er ein Bulli war. Ich weiß bis heute nicht warum er in Schutz genommen wurde. Aber in der Schule half mir keiner. 1996 gab es das Wort Mobbing in den Schulklassen noch gar nicht. Da wurden solche Dinge als Kleinigkeit abgewinkt. Meine Eltern waren hilflos und ich tröstete mich mit Süßigkeiten und dem RTL2 Mittagsprogramm bis ich am nächsten Morgen wieder mit Bauchschmerzen vor der Schule stand.

Das Ende nahte dann erst in der 9./10. Klasse als der Bulli weiblich wurde und die pubertären Emotionen des Öfteren überschwappten. Der Punkt der für mich bedeutete, dass ich mir nichts mehr im Leben gefallen lassen werden war, als nach einer Projektarbeit die Beurteilungen verkündet wurden. Im  Team mit Madame Bulli, ihr war ihre Gruppennote wohl nicht gut genug, ging es vor die Tür. Die Deutschlehrerin stand mit uns im Kreis und Fräulein ging auf mich los, drohte mir Schläge an und meinte „wenn du willst kann ich dir hier gleich die Fresse polieren“.
Sie wurde natürlich für Ihre Worte dementsprechend bestraft, doch an diesem Punkt hatte Sie sich nur noch mehr auf mich eingeschossen und so ging der Psychoterror los der sich in Form von Gerüchten, Zwischenrufe bei Referaten usw. äußerten. Meine Devise war, zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Zumindest währen den 8 Stunden Unterricht. Zu Hause weinte ich oft, weil Worte tatsächlich mehr und länger wehtun können als körperliche Angriffe.
So absurd es jedoch klingen mag, der Tag der Abschlussfeier war der Tag an dem das alles aufhörte. Die Leute die mir all die Jahre wehtaten waren nach diesem Abend aus meinem Leben gegangen und somit auch die täglichen Versuche mir das Leben zur Hölle zu machen.
Das Einzige was mich heute noch an die Zeiten erinnert ist das ein oder andere Frustkilo aus den Zeiten als ich dachte, dass mich nur Essen trösten könnte.
Wenn ich in die Zeit zurückreisen könnte und meinem Teenie ich etwas sagen könnte, wäre das eigentlich nur „halte durch und leg die Chips weg!“.

Ich weiß leider nicht wie heutzutage in den Schulen mit dem Thema umgegangen wird, jedoch zeigen mir die vergangenen Ereignisse wie beispielsweise die Amokläufe in meinem Nachbarort Winnenden oder vor kurzem in München, dass es gegen Mobbing kein Wundermittel gibt. Jeder reagiert anders darauf. Es gibt Leute wie mich, die mit der Hilfe von ehrlicher Freundschaft, Liebe aus der Familie und einem gesunden Menschenverstand darüber hinwegkommen konnten. Allerdings gibt es eben auch die Sorte „Opfer“ die Rachgelüste versprüren oder zu labil dafür sind, es zu überwinden und oftmals nur einen letzten Ausweg sehen. Ich hoffe nur, dass jeder der schon mal jemand so das Leben erschwert hat irgendwann aufwacht und realisiert, was er da mit einem Menschenleben angerichtet hat.
Bis dahin kann ich nur hoffen, dass alle die Jemals Opfer von Mobbing wurden, Ihre Lust am Leben niemals verlieren und wissen, dass auch so dunkle Zeiten irgendwann ein Ende haben.
Traut euch ruhig euch zu wehren und sucht nach Hilfe wenn ihr es nicht alleine schafft.


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